Tracktion Kult Test: Dämonische Klänge

Tracktion Kult Test: Dämonische Klänge

Im Tracktion Kult Test wandeln wir auf mystischen Pfaden, beschwören spannende Klänge und versuchen, Oszillatoren zu bändigen. Ist das Ritual geglückt?

Mit Kult präsentiert Tracktion einen virtuellen Synthesizer, der auf der Chaos-Theorie basiert. Das Herzstück sind zwei Oszillatoren, die mit sogenannten Strange Attractors gefüttert werden.

Gegründet wurde der Kult beziehungsweise das Plug-in von Peter V, der auch als „Dawesome“ bekannt ist. Zuletzt hatte er mit Novum Aufsehen erregt, einem ebenfalls experimentellen und innovativen Synthesizer. Man darf also gespannt sein, was sich der Programmierer diesmal hat einfallen.

Tracktion Kult Oberflaeche

Übersicht

Die Nutzeroberfläche des Synths erinnert mit dem schwarzen Hintergrund und farbenfrohen Funktionen etwas an eine Lichtshow. Das sieht schön aus und dient der Übersicht der folgenden fünf Sektionen:

Oszillatoren

In der Mitte der oberen Fensterhälfte sind die zwei Oszillatoren. Sie können unabhängig voneinander de/aktivert werden. Ihren Klang stellst Du Anhand der fünf Regler Saw, SQ, F-Shift, S-Shift und Phase ein. Außerdem gibt es einen Gain-Regler sowie eine Animation der erzeugten Welle.

Ein Klick auf den Name der geladenen Wellenform oberhalb der eben genannten Regler gibt den Blick auf alle Wellenformen beziehungsweise Strange Attractors frei, die zur Auswahl stehen. Und da gibt es einiges zu entdecken! Vom herkömmlichen Sinus über Chua bis hin zu Rayleigh ist alles dabei.

Zwischen den beiden Animationen ist ein Fade-Regler, mit dem das Mischverhältnis der beiden Oszillatoren zueinander angepasst wird.

Tracktion Kult Test: Select Pages

Unterhalb der Oszillatoren sind die Select-Pages. Diese bieten verschiedene Einstellungsmöglichkeiten entsprechend der jeweiligen Auswahl. Jedes Modul sowie jede Sektion innerhalb eines Moduls lässt sich individuell de/aktivieren.

Arp

Der Arpeggiator bietet eine Chords-Sektion, mit der eine Note um bis zu sechs weitere zu einem Akkord angereichert werden kann. Alle gespielten Noten, egal ob Akkord oder nicht, füttern das Pattern. Zur Auswahl stehen sechs Muster, die via Speed, Gate, Octave und Length justiert werden können. Darüber hinaus lässt sich der Pitch anpassen sowie eine Tonleiter mit Scale vorgeben.

OSC 1 & OSC 2

Für die beiden Oszillatoren stehen neben den oben genannten Einstellungsmöglichkeiten die Sektionen Pitch, FM, AM, Vowel und Unisono zur Verfügung. Ganz rechts gibt es zudem die Möglichkeit, den Oszillator zu pannen und den Signalanteil, der durchs Filter läuft, zu justieren.

Filter

Das Filtermodul hat jeweils zwei Distortion- und Comb-Sektionen. Die zwei Filter sind bis auf den Cutoff unabhängig voneinander. Die Signalverarbeitung passiert wahlweise seriell oder parallel.

FX

Das Effektmodul ist das Display der rechts unten im Plug-in-Fenster angebrachten Effektsektion. Zur Auswahl stehen Reverb, Clouds, Shimmer, Delay, Phaser, Chorus und Channel EQ. Die Effekte können frei auf zwei verschiedene Busse gelegt und ebenfalls seriell oder parallel geroutet werden.

Die Parameter eines ausgewählten Effekts sind im Effektmodul dargestellt und lassen sich dort bearbeiten.

Mod

Die Modulationsseite hat den gleichen Zweck wie die FX-Seite. Nur werden hier eben die Modulatoren, die links im Plug-in-Fenster ausgewählt werden können, eingestellt. Außerdem zeigt dieses Modul eine Liste der Modulationsziele an, sodass man immer einen Überblick hat.

Modulieren lassen sich übrigens alle Parameter in Kult.

Effekte & Modulatoren

Tracktio Kult Modulatoren

Über die Effekte gibt es, bis auf individuelle Dry/Wet-Regler für beide Busse, nichts mehr zu sagen.

Bei den Modulatoren stehen insgesamt 13 zur Auswahl, zu denen LFO, ADSR, Steps und Glide zählen. Mit den Reglern links neben den Modulatoren kann deren Tiefe für jedes Ziel separat eingestellt werden.

Presets

In der rechten Seitenleiste sind eine Vielzahl an Presets vorhanden – 314, um genau zu sein. Diese können entweder nach Kategorie (Bass, Drone, Keys, …) oder via Volltextsuche durchstöbert werden. „F“ und „U“ filtern zwischen Factory- und User-Presets.

Das aktuelle Preset wird in der mittig angebrachten leiste ganz oben im Fenster angezeigt. Wenn Du ein eigenes Preset abspeichern willst, kannst Du den Name sowie die dazugehörige Kategorie in genau dieser Leiste festlegen.

Weitere Funktionen

Kult bietet neben den bereits genannten Funktionen ein einstellbares Glissando, Glide, Pitchbend Range und Master Pitch. Das Oversampling kann global oder per Patch angenommen werden. Hier würde man normalerweise Werte wie „4x“ oder „16x“ erwarten. Bei Kult hingegen gibt es unter anderem „Eco“ und „Extreme“. Doch auch hier gilt: Je besser das Oversampling, desto höher die CPU-Belastung.

Sollten gespielte Noten mal hängen bleiben, hilft der Panic-Knopf. Das virtuelle Keyboard am unteren Fensterrand zeigt eingehende MIDI-Noten an.

Tracktion Kult Test Wellenformen
Kult bietet andere Wellenformen als die meisten Synthesizer.

pUrEs cHAoS

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, basiert Kult auf der Chaos-Theorie. Im Handbuch schreibt Dawesome, dass Strange Attractors Vorbild für die Oszillatoren standen.

Strange Attractors sind Objekte der Chaos-Theorie. Während sich Audio eindimensional über Zeit bewegt beziehungsweise ändert, sind Strange Attractors Kurven, die dies in einem dreidimensionalen Raum tun.

Das wahre Geheimnis des MPE-fähigen Plug-ins liegt also in der Wandlung von 3D zu 1D. Daraus ergeben sich einzigartige Möglichkeiten der Klangformung sowie ein Sound, der organischer und wärmer sein soll, als der von klassischen Oszillatoren.



Tracktion Kult Test: Das Ritual

Bevor wir uns der Klangbeschwörung widmen, möchte ich vorab kurz auf die Bedienung von Kult eingehen. Diese ist größtenteils intuitiv, war für mich aber insbesondere bei zwei Punkten gewöhnungsbedürftig:
Erstens wollte ich Presets über die obere mittlere Leiste aufrufen. Hier kann zwar hin und her gesprungen werden, aber es öffnet sich kein Menü zur Auswahl, da dieses ja fest auf der rechten Fensterseite integriert ist.

Zweitens bin ich von Synthesizern wie Serum und Massive X gewöhnt, Modulationen via drag & drop zuzuweisen. Bei Kult klickt man auf einen Modulator und anschließend auf das Modulationsziel. Schon sind beide miteinander verbunden.

Beides sind Geschmackssachen und nicht als negativ zu werten. Was ich bei den Modulatoren allerdings schwierig finde, ist, deren Tiefe beziehungsweise Intensität einzuschätzen. Das ist bei anderen Synths, wie eben Serum, besser gelöst. Dort kann man am zu modulierenden Parameter selbst genau einstellen, wie stark der Eingriff ist.

Klangbeschwörung

Tracktion Kult Test

Im Vergleich zu vielen anderen Synthesizern geben die Bezeichnungen der Wellenformen beziehungsweise Strange Attractors in Kult wenig Aufschluss darüber, was man klanglich erwarten darf. Da hilft nur ausprobieren! Die Sounds klingen in der Grundform schon sehr gut, oftmals etwas scharf und aggressiv.

Die Visualisierungen der Attractors sind nicht nur schön anzusehen, sondern dienen auch der Verständlichkeit. Fügt man beispielsweise AM oder FM hinzu, lässt sich beobachten, wie es sich auf die „Fahrt“ der Wellenform auswirkt. Es ist nur etwas schade, dass die Oszillatoren maximal fünfstimmig sein können. Hier hätte ich mir noch zwei mehr gewünscht. Aber auch fünfstimmig lassen sich imposante Klangwände mit Kult kreieren.

Mit den Filtern bekommt man das Frequenzspektrum in den Griff. Insgesamt klingt die Filtersektion ebenfalls gut und bietet mit den zwei Hauptfiltern, den Comb-Filtern und den Distortion-Modulen schöne Optionen fürs Sounddesign.

Modulation

Die verschiedenen Modulationsmöglichkeiten sind bekannt und daher leicht und verständlich zu Bedienen – Wenn man sich an das Konzept gewöhnt hat. Trotz der allgemeinen intuitiven Handhabung des Synths wurde ich beim Verbinden von Quelle und Ziel öfter aus meiner Trance gerissen. Nach einiger Zeit habe ich mich aber eingefunden und gemerkt, wie schnell dieses Konzept von der Hand geht!

Gerade bei komplexen Klangkreationen ist die Destination-Box auf der Modulationsseite sehr hilfreich. Damit behält man den Überblick und kann gegebenenfalls via Rechtsklick auf ein Ziel zu diesem springen oder es löschen. Leider können Ziele nicht darüber hinzufügt werden.

Arpeggiator

Mit dem Arpeggiator lässt sich das Spielverhalten des gebauten Patches feinschleifen. Insbesondere in Kombination mit Scale kam ich hier zu spannenden Ergebnissen. Scale bietet nicht nur die üblichen Tonleitern wie Dur und Moll zur Auswahl, sondern auch „exotisches“ wie Iwato, Tension und Freygish.

Tracktion Kult

Tracktion Kult Test: Fazit

Mit Kult hat Dawesome einmal mehr bewiesen, dass es trotz des übersättigten Plug-in-Marktes immer noch Spielraum für spannende neue Instrumente gibt. Der Synth ist hervorragend umgesetzt, arbeitet Ressourcen-schonend und klingt gut.

Den Klang würde ich insgesamt als eher melancholisch und düster einstufen – eben passend zum Produktname. Trotzdem lässt sich eine große Bandbreite an Instrumenten und Sounds abbilden, die von Bässen über Pads bis hin zu Keys reicht. Insbesondere flächige Klänge haben mir sehr gut gefallen.

Es hat im Test Spaß gemacht, mit den Strange Attractors zu spielen und zu experimentieren. Durch die intuitive Handhabung bewegt man sich fix über die Oberfläche und hat immer alles im Blick, ohne auf verschiedene Seiten im Plug-in-Fenster springen zu müssen.

Wer gerne experimentiert und offen für Neues ist, sollte unbedingt die kostenlose Demo anchecken!

Verfügbar ab: sofort
Preis (UVP): 129 USD
Weitere Infos: Tracktion | Kult @ Plugin Boutique*

Pros

  • Über 30 Strange Attractors
  • AM- & FM-Synthese
  • Umfangreiche Filtersektion
  • Freie Modulationsmöglichkeiten
  • Handhabung

Cons

  • Modulationsziele können nicht über Destinations hinzugefügt werden

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Fotos: Hersteller, Screenshots, Evgeniy Smersh/Unsplash

8 Gedanken zu “Tracktion Kult Test: Dämonische Klänge

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