United Plugins QuickMuse Test: Der Avatar der Audiowelt

United Plugins stellen mit QuickMuse einen Zufallsgenerator für Effekte vor. Mit der Kraft von fünf Elementen soll musikalischen Blockaden und Inspirationslosigkeit ein Ende gesetzt werden. Wie gut das funktioniert und ob sich brauchbare Ergebnisse erzielen lassen, zeigt dir der Test.

Meinem Eindruck nach haben Zufallsgeneratoren insbesondere durch die Veröffentlichung einiger Multi-Effekte in diesem Jahr, zum Beispiel Love von Tracktion oder Transit von Baby Audio, an Beliebtheit gewonnen. Auch United Plugins möchten in diesem Bereich mitmischen und schicken dafür QuickMuse ins Rennen.

Entwickelt wurde das Plug-in von Instant Audio. Dieser Markennamen betitelt Kooperationen zwischen United-Plugins-Marken, in diesem Fall SounDevice Digital und JMG Sound – Und deren neues Werk ist durchaus interessant! QuickMuse ist sozusagen ein umgekehrter Multi-Effekt, nämlich ein Zufallsgenerator mit fünf Elementen. Entsprechend gibt es kaum Einstellungsmöglichkeiten, sodass man sich schlichtweg überraschen lassen muss.

Das Konzept scheint erst mal befremdlich und irgendwie sinnlos, macht aber auch neugierig! Angepriesen wird das Plug-in als Inspirationsquelle für Kompositionen, Produktionen und Sound-Design. Na schauen wir mal, wie es sich schlägt.

Features

  • 5 Elemente: Ether, Luft, Wasser, Erde, Feuer
  • Globaler und Element-spezifisches randomisieren
  • Bis zu 8-faches Oversampling
  • Freie Signalkette
  • Globales Low- und Highpassfilter
  • Für Windows und Mac-OS, VST, VST 3, AU und AAX
United Plugins QuickMuse Oberfläche
Bei QuickMuse gibt es nicht viel zu schrauben…

Nutzeroberfläche

Die frei skalierbare Oberfläche von QuickMuse erinnert mich etwas an eine Galaxie. Das Zentrum bildet der Zufallsknopf. Um ihn herum sind fünf Sternzeichen-anmutende Elemente verteilt, die neonfarben leuchten:

  • Ether: Vereint Shimmer-Reverb, Reverse-Delay und Granulizer
  • Luft: Verschiedene Delays und Reverbs
  • Wasser: Modulation (Tremolo, Flanger, Phaser, Auto-Pan, Filter-Modulation, Vibrato)
  • Erde: Kombiniert Vintage-Chorus, Stereo-Widener, Multi-Band-Kompressor und Shelf-Equalizer
  • Feuer: Sättigung

Jedes Element kann separat randomisiert, gesperrt, de/aktiviert und im Dry/Wet-Verhältnis dosiert werden.

Am unteren Fensterrand gibt es Regler für das globale High- und Lowpass-Filter, Mix und Gain. Zudem lassen sich In- und Output anpassen sowie die Reihenfolge der Elemente in der seriellen Signalkette verändern.

>>> JMG Sound/United Plugins Nanopulse Test: Magischer Transienten-Designer <<<

Eine gelungene Effektkreation lässt sich als Preset abspeichern und über das United-Plugins-typische Menüband am oberen Fensterrand abrufen. Die unzähligen Werkspresets sind sauber in Instrumentengruppen und einzelne Elemente kategorisiert. Davon abgesehen sind noch der integrierte Limiter und das bis zu achtfache Oversampling nennenswert.

United Plugins QuickMuse Test: Praxis

Um ein Gefühl für die Elemente zu bekommen, habe ich sie zuerst solo angehört. Sie klingen wirklich gut und überraschen immer wieder in ihrer Vielseitigkeit. Ihre Handhabung ist denkbar einfach. Das visuelle Feedback ist über die Helligkeit der Farben geregelt: Je trockener ein Effekt, desto weniger Leuchten. Allerdings könnten die Abstufungen meiner Meinung nach noch etwas Feinschliff vertragen, denn unterhalb von etwa 25 Prozent ist es schwer erkenntlich, ob der Effekt überhaupt aktiv ist.

United Plugins QuickMuse Test Presets

Um das Zusammenspiel der Elemente zu testen, habe ich mir Drums, Gitarren, ein Piano und Vocals zur Hilfe geholt. Auf diesen habe ich fürs Erste die Werkspresets ausprobiert – und ich war sehr erstaunt. Die klingen schon ziemlich cool! Erst die Kombination der Elemente entfaltet den Charakter von QuickMuse, den ich als melancholisch, verträumt und weich beschreiben würde.

Aber nicht, dass wir uns falsch verstehen, ein gewisses Temperament ist durchaus vorhanden. Und wie das bei Zufallsgeneratoren eben so ist, kann alles passieren, von einlullenden Klanglandschaften über Sci-Fi-mäßige Phasings bis hin zu Lo-Fi-artigen Artefakten.

Glücksspiel – oder doch nicht?

Beim Versuch, die Elemente zu bändigen, kam ich mir ein bisschen wie Avatar vor (der aus dem Zeichentrick, nicht der Filmreihe…). Sie in der Signalkette verschieben, sperren, entsperren, randomisieren  und dosieren, das beschreibt den Prozess ganz gut. Es ist eben Glückssache, eine passende Kombination zu bekommen. Natürlich gibt es viele Herangehensweisen, wie man zumindest etwas Einfluss nehmen kann. Beispielsweise, in dem man einen Effekt randomisiert, bis er gefällt, und die anderen nach und nach dazu holt.

Im Allgemeinen hatte ich im Test den Eindruck, relativ oft zumindest halbwegs passende Ergebnisse zu bekommen – Im Sinne von „passend zur Klangquelle“. Die Effektkombinationen an sich waren fast immer stimmig.

QuickMuse Audiobeispiele

Keys dry
Keys Crystal Tear Preset
Gitarre dry
Gitarre – Eigenes Preset
Drums dry
Drums Memento Preset
Drums Robot Wars Preset

Das Geheimnis von QuickMuse

Ich kann nicht genau begründen warum, aber irgendwie hat mich das stutzig gemacht. Vielleicht, weil ich mehr unpassende Ergebnisse erwartet hatte… Haben etwa eine künstliche Intelligenz oder Machine Learning ihre Finger im Spiel? Analysieren sie die Signalquelle und spucken entsprechende Einstellungen aus?

Auf Nachfrage haben United Plugins erklärt, dass nichts dergleichen der Fall sei. Über 100 Parameter wurden von Hand aufeinander abgestimmt. Dabei handele es sich nicht um feste Werte, sondern einen Bereich, in dem dann ein Zufallswert gewählt wird. Somit können harmonische Ergebnisse gewährleistet werden, die bei so gut wie jeder Kombination funktionieren.

Das erklärt meinen Eindruck von QuickMuse als wohlwollenden Randomizer. Ich kann mir nur vorstellen, wie viel Arbeit in die Entwicklung geflossen ist. Ich kann aber definitiv sagen, dass sich diese ausgezahlt hat!

Leider ist das Plug-in ziemlich Ressourcen-hungrig. Mehrere Instanzen, insbesondere bei achtfachem Oversampling, bringen den Rechner schnell an seine Grenzen. Zudem kam es beim Generieren von Kombinationen während eines aktiven Playbacks ab und an zu Verzerrungen beziehungsweise Störgeräuschen.

United Plugins QuickMuse - SoundChills Preset
Im United Plugins QuickMuse Test habe ich gleich ein paar Resultate als Preset gespeichert.

United Plugins QuickMuse Test: Fazit

QuickMuse ist echt der Hammer! Meine anfängliche Skepsis bezüglich des Konzepts des Plug-ins wurde im Test schnell von Begeisterung verdrängt. Klangqualität und –charakter sind spitze. Die Vielseitigkeit der Elemente hat mich immer wieder positiv überrascht und das ausgeklügelte System hinter den Kombinationen funktioniert hervorragend.

Egal ob auf Drums, Keys oder Gitarren, QuickMuse konnte mindestens inspirieren, aber oftmals eben auch einfach passend liefern.

Sicherlich lässt sich darüber streiten, ob es sich noch um einen „richtigen“ Zufallsgenerator handelt. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich bin jedoch froh, nicht stundenlang auf einen Knopf drücken zu müssen, bis ein (halbwegs) passendes Ergebnis herauskommt. Ehrlich gesagt war das meine größte Befürchtung, denn wer hat schon die Zeit und Lust dazu?

Trotz all des Lobs gibt es aber auch Tadel. Der hohe Leistungsverbrauch des Plug-ins kann bei mehreren Instanzen, auch abhängig vom Oversampling, zum Problem werden. Davon abgesehen empfiehlt es sich, den Generator nicht während eines aktiven Playbacks zu betätigen, da es sonst zu unangenehmen Störgeräuschen kommen kann.

Zum Abschluss möchte ich noch eins loswerden: Wie erwähnt, hat mich QuickMuse sehr beeindruckt. Abenteuerlustigen und Experimentierfreudigen kann ich die kostenlose Demo nur empfehlen. Nichtsdestotrotz bin ich gespalten, denn meiner Meinung nach kann das Tool sein komplettes Potenzial erst mit justierbaren Parametern ausschöpfen. Zum Beispiel, um Hallfahnen zu beschneiden oder das Feedback des Delays anzupassen. Vielleicht lassen sich Instant Audio ja doch noch darauf ein und überraschen uns mit einer Pro-Version oder ähnlichem…

Verfügbar ab: sofort
Preis (UVP): 9 Euro Einführungspreis bis 12. Dezember 2023; regulär 49 Euro
Weitere Infos: United Plugins | QuickMuse @ Plugin Boutique (affiliate)

Pros

  • Angenehmer Klangcharakter
  • Hohe Klangqualität
  • Hervorragend aufeinander abgestimmte Effektkombinationen
  • Individuelle Wet/Dry-Regler für die Elemente
  • Freie Signalkette

Cons

  • Hoher Leistungsverbrauch
  • Visuelles Feedback teils schwierig zu erkennen

Fotos: Hersteller, Screenshots / Audiobeispiele: Eigene

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